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Weibliche Genitalverstümmelung – FGM/C

Weibliche Genitalverstümmelung oder auf EnglischFemale Genital Mutilation/Cutting (FGM/C) ist eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit gravierenden langfristigen gesundheitlichen Folgen. Weibliche Genitalverstümmelung ist in Österreich gesetzlich verboten, sie erfüllt den Tatbestand schwerer Körperverletzung und gilt als grobe Menschenrechtsverletzung. Im Frauengesundheitszentrum FEM Süd werden betroffene und bedrohte Mädchen und Frauen seit mehr als 10 Jahren durch Beratung in sozialen Fragen, Gesundheitsberatung und bei Bedarf durch klinisch-psychologische bzw. psychotherapeutische Beratung von Gesundheitsexpertinnen unterstützt.

Definition

Die Weltgesundheitsorganisation WHO versteht unter weiblicher Genitalverstümmelung (FGM/C – Female Genital Mutilation/Cutting) alle Prozeduren, die die teilweise oder völlige Entfernung der externen weiblichen Genitalien oder andere Verletzungen der weiblichen Genitalien – aus kulturellen oder anderen nicht-therapeutischen Gründen – umfassen.

  • Verbreitung weiblicher Genitalverstümmelung
  • Formen weiblicher Genitalverstümmelung
  • Gesundheitliche Folgen weiblicher Genitalverstümmelung
  • Erklärungsmodelle weiblicher Genitalverstümmelung
  • Gesetzgebung

Verbreitung weiblicher Genitalverstümmelung

Weltweit haben aktuell etwa 200 Millionen Mädchen und Frauen eine Verstümmelung ihrer Genitalien erlitten, vor allem in 30 Ländern Afrikas sowie Ländern des Nahen und Mittleren Ostens.

In Ländern wie Sudan, Somalia, Djibuti, Eritrea, Ägypten, Mali, Sierra Leone oder Guinea sind 80–100% aller Frauen betroffen. Weibliche Genitalverstümmelung kommt auch in Asien (z. B. Oman, Saudi-Arabien, Dubai, Irak, Indien, Indonesien, Malaysien, Pakistan . . .), Australien, Brasilien und Peru vor.

Für Europa wird davon ausgegangen, dass 500.000 Frauen und Mädchen eine Verstümmelung ihrer Genitalien erlitten haben, es wird zudem geschätzt, dass 180.000 Mädchen gefährdet sind. In Österreich leben Schätzungen zufolge 6.000 bis 8.000 betroffene Frauen und Mädchen.

Vier Formen der Genitalverstümmelung

  • Typ 1 – „Sunna“ = Klitoridektomie: Entfernung der ganzen oder eines Teils der Klitoris und/oder der Vorhaut.
  • Typ 2 – „Exzision“: Entfernung der ganzen oder eines Teils der Klitoris und der kleinen

Schamlippen, entweder mit oder ohne Entfernung der großen Schamlippen.

  • Typ 3 – „Infibulation“: Verengung der Scheidenöffnung bis auf eine minimale Öffnung durch Entfernung der kleinen und/oder der großen Schamlippen mit oder ohne Entfernung der Klitoris.
  • Typ 4: Alle anderen schädigenden Eingriffe an den weiblichen Genitalien aus nichtmedizinischen Gründen: z. B.: Stechen, Piercing, Einschneiden der Klitoris.

Gesundheitliche Folgen von weiblicher Genitalverstümmelung

Die Verstümmelung der weiblichen Genitalien, die meist bei Mädchen im Alter von vier bis acht Jahren vorgenommen wird, führt zu zahlreichen akuten und chronischen Komplikationen. Die Folgen hängen vom Typ und der Schwere des vorgenommenen Eingriffs ab, sowie von der Qualität der hygienischen Standards und der Wundversorgung.

Akute Folgen der Genitalverstümmelung

Im Hinblick auf akute Komplikationen der Genitalverstümmelung führen vor allem Infektionen und starke Blutungen zu mitunter lebensbedrohenden Zuständen bei betroffenen Mädchen. Auch ein psychisches Akuttrauma kann die Folge sein.

  • Infektionen
  • Probleme im Bereich der Harnwege
  • Blutungen
  • Knochenbrüche
  • Psychisches Akuttrauma

Chronische Folgen der Genitalverstümmelung

Langfristige Komplikationen treten vor allem im Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe zutage und sind vielfältig. Weibliche Genitalverstümmelung erhöht wesentlich das Risiko für Geburtskomplikationen.

  • Gynäkologische Probleme
  • Geburtshilfliche Komplikationen
  • Probleme im Bereich der Harnwege
  • Narbenprobleme

Psychische Folgen der Genitalverstümmelung

Da nicht jede Verstümmelung gleich verläuft und heutzutage häufig in Kliniken mit Narkose und Schmerzmedikamenten durchgeführt wird, sind die psychischen Folgen sehr unterschiedlich.

In der Extremform entspricht die Verstümmelung jedoch einem massiven Trauma und kann zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen.

  • Posttraumatische Belastungsstörung (eine verzögerte psychische Reaktion auf ein extrem belastendes Ereignis)
  • Depressionen
  • Angststörungen
  • somatoforme Störungen (körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen)
  • chronische Reizbarkeit
  • Dissoziation (etwas wird aus dem Alltagsbewusstsein abgespalten)
  • Affektverflachung (Betroffene können keine richtige Freude aber auch keine negativen Gefühle wie Hass, Trauer oder Wut empfinden)
  • Konzentrationsstörungen

Auch Sexualstörungen undPartnerschaftskonflikte können Folgen von weiblicher Genitalverstümmelung sein.

Erklärungsmodelle für die Verstümmelung weiblicher Genitalien

Kulturelle Tradition

Am häufigsten wird die Verstümmelung weiblicher Genitalien mit Tradition in Verbindung gebracht. In jenen Ländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung weit verbreitet ist, fungiert diese als soziale Übereinkunft, die von Männern wie Frauen mitgetragen wird, meist ohne diese zu hinterfragen. Viele Mädchen sehen diesem Ereignis, das häufig mit einem Fest begangen wird, daher in freudiger Erwartung entgegen, da sie damit die Hoffnung verknüpfen, Ansehen als Frau zu bekommen. Wer sich gegen diese Tradition entscheidet, wird hingegen mit Verachtung und Ausgrenzung bestraft.

Reinheit und Ästhetik

Bei manchen Ethnien werden weibliche Genitalien als schmutzig oder hässlich empfunden. „Unbeschnittene“ Mädchen und Frauen gelten somit als unrein und finden schwer einen männlichen Partner.

Religiöse Vorschrift

Entgegen der Annahme, dass Genitalverstümmelung nur im Islam existiert, wird diese in verschiedensten Religionen praktiziert, so auch im Christentum oder Judentum. Es schreibt jedoch keine dieser Religionen die Verstümmelung der weiblichen Genitalien vor, meist ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmen Volksgruppe ausschlaggebend.

Kontrolle über die Sexualität der Frau

Ein weiterer Zweck, den die weibliche Genitalverstümmelung erfüllen soll, ist die Kontrolle über die Sexualität der Frau. Insbesondere die Infibulation (Verengung der Scheidenöffnung bis auf eine minimale Öffnung) soll die Treue der Frau gewährleisten sowie einen Lustgewinn beim Mann während des Geschlechtsverkehrs herbeiführen.

Positive Wirkung auf Gesundheit und Fruchtbarkeit

Mit der Verstümmelung der weiblichen Genitalien werden positive Wirkungen auf die Gesundheit von Frauen in Verbindung gebracht. So gibt es Annahmen, dass sich der Eingriff positiv auf Gesundheit, Fruchtbarkeit und den Verlauf von Schwangerschaften auswirken würde.

Gesetzgebung in Österreich

In Österreich ist weibliche Genitalverstümmelung strafbar, da sie den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt. Im österreichischen Strafrecht heißt es dazu, dass „in eine Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien, die geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen“, nicht eingewilligt werden kann (§ 90 Abs. 3 StGB).

Es können also weder Eltern für ihre Kinder noch eine volljährige Frau für sich selbst in eine Genitalverstümmelung einwilligen, ohne mit einer strafrechtlichen Verfolgung zu rechnen. Die Tat wird auch bei Begehung der Tat im Ausland in Österreich strafrechtlich verfolgt, wenn ein/eine Täter/in oder Opfer in Österreich ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben – auch ohne österreichische Staatsbürger/innen zu sein (§ 64 Abs. 1 Z 4a StGB). Strafbar machen sich dabei neben den direkt an der Tat Beteiligten auch sonstige Mitwirkende. Je nach Schweregrad und Dauerfolgen der Körperverletzungen ist diese mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren (bei Todesfolge) zu ahnden.

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